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Gibt es noch brauchbare Mobiltelefone?

^ v M ><
So, dieses Jahr hatte ich ja schon viel Spass mit Telefonen. Erst verreckt das Samsung S5 mal so ganz spontan in den Ferien. Als Ersatz gab es dann das günstigste vor Ort erhältliche Telefon (Neo Spark), welche sich als Zwischengerät ganz gut macht, aber langfristig nicht brauchbar ist (zu schlechtes Display, zu lahmer Prozessor). Dann spinnt plötzlich mein noch keine zwei Monate altes Moto Z...

Aber wenn ich jetzt schon frustriert losrante, dann richtig. Holen wir also zum Rundumschlag gegen die Elektroschrotthersteller aus. In Sachen mobiler Kommunikations- und Unterhaltungszentralen mit staatlicher Komplettüberwachungsschnittstelle hat man heute grundsätzlich die Wahl zwischen teuren und billigen Geräten. Und die sind in ihren Vor- und Nachteilen diametral gegensätzlich.

Billige Geräte haben neben dem tiefen Preis ihre Vorteile:
+ SD-Kartenslot
+ DualSIM
+ Klinkenbuchse für Kopfhörer
+ wechselbare Akkus
+ weitgehend unmodifiziertes Android
+ relativ robuste Bauweise
Aber irgendwie müssen die niedrigen Preise gerechtfertigt werden:
- mieses Display, wovon man blind wird. Dazu ist die Auflösung so gering, dass diverse Apps nicht installierbar sind.
- lahmer Prozessor und wenig RAM
- keine Android-Sicherheitsupdates (sell&forget)
- meist kein 4G oder andere brandaktuelle Funkübertragungsmodi

Teure Geräte weisen hingegen folgende Pluspunkte auf:
+ gutes Display mit hoher Auflösung, schöner Farbwiedergabe und Lesbarkeit bei Tageslicht draussen
+ zeitgemäss schneller Prozessor
+ mit etwas Glück während bis zu zwei Jahren alle paar Monate ein Android-Sicherheitsupdate, das ausgewählte Sicherheitslücken stopft
+ mit noch etwas mehr Glück gibt es alternative ROMs, die auch noch Jahre später im Wochentakt Updates veröffentlichen
Doch nicht alles was glänzt ist Gold:
- fest verbauter Akku mit viel zu kurzer Laufzeit
- SD-Kartenslot wird zum selten gewordenen Fundstück
- DualSIM? Vielleicht gegen ganz happigen Aufpreis. Und dann nur im Austausch gegen die SD-Karte
- grausam verunstaltete und unbedienbare Herstelleroberfläche (die dann als Ausrede dafür dient, Sicherheitsupdates viel zu spät oder gar nicht zu veröffentlichen)
- tonnenweise unnütze, nicht deinstallierbare Bloatware, welche den internen Speicher vollmüllt
- immer öfter eine fehlende Klinkenbuchse
- filigran-empfindliche Bauweise (Displays gehen bis über den Rand, Komponenten mangelhaft verbunden, Elektronik geht schon beim Anschauen kaputt)

Doch mal kurz der Reihe nach. Was war mit dem S5? Das Display hatte schon länger einen Wackelkontakt, nachdem das Telefon einen Sturz aus 80cm Höhe auf einen Turnhallenboden (die sind relativ weich...) erdulden musste. Es ist mir in sitzender Position aus der Hosentasche gefallen. Und ein paar Monate später so mitten in Dubrovnik beschloss der Wackelkontakt jetzt permanent keinen Kontakt zu geben. Da ich LineageOS installiert hatte, war natürlich auch die Garantie futsch. Die Reparatur würde gleich viel wie ein Neugerät kosten. Also ab in die Tonne damit.

Was war nun mit dem Moto Z? Nun, Ich war wieder einmal unterwegs und hatte grobfahrlässigerweise vergessen, ein Backup-Telefon mitzunehmen. Das Gerät wurde auf dem Flug von Zürich nach Dubai noch etwas zum Musikhören (Musik liegt auf der SD-Karte) genutzt. In Dubai habe ich den Anschlussflug gesucht und dafür mit dem Telefon auf der Flughafenwebseite das Gate ausfindig machen wollen. Plötzlich zeigt Firefox keinen Inhalt sondern nur noch eine schwarze Fläche an. Hmm, na gut, Flughafenseite futsch? Nein, tritt auch sonstwo auf. Also gut, Firefox neu gestartet. Problem bleibt. Na schön, Methode Windows angewendet und das Telefon neu gestartet. Ganz dumme Idee. Ab jetzt hängt das Gerät im Reboot Loop. Per Zufall in den Bootloader gelangt. Cache Reset. Nützt nix. hmmm. Schweren Herzens Factory Reset durchgeführt. Nützt nix. Also gut, SIM/SD-Tray raus. Geht wieder. FUCK YOU! Herumgespielt. Mit SD ohne SIM: Reboot Loop. Mit SIM ohne SD: startet.
Na schön, dann müssen wir halt den ganzen Drecksmüll wieder neu installieren, um das Gerät wieder benutzen zu können. Aber nein, das geht nicht. Das Flughafen-Wifi verlangt Authentifizierung. Der Setup-Manager kann aber keine Wifi-Login-Portalseiten anzeigen und weigert sich ohne funktionierende Internetverbindung das Gerät einzurichten. Überspringbar ist er auch nicht, es muss zwingend ein Google-Konto hinzugefügt werden. Danke Google. Danke Motorola. Alle Daten umsonst verloren und das Telefon taugt bis auf weiteres nur noch als Briefbeschwerer.
Immerhin: Das Herstellerandroid ist nicht komplett unbenutzbar, so dass ich es bislang ohne LineageOS ausgehalten habe. Daher ist noch Garantie drauf. Mal schauen, wie viele Monate es dauern wird, den Rotz repariert zu bekommen.

War denn nun die SD-Karte kaputt? Nein, ein Test unter Linux und einem anderen Android-Telefon zeigt, dass die Karte einwandfrei ist. Im Gegentest mit anderen SD-Karten bleibt der Bootloop reproduzierbar. Aber selbst wenn: Es darf nicht sein, dass wegen so einer Lappalie wie eine(r/m) defekten SD- oder SIM-Karte(nslot) das System anfängt merkwürdige Verhaltensweisen zu zeigen oder sogar nicht mehr starten kann. Das ist eindeutig ein Versagen der Entwickler von entweder Google oder Motorola oder beiden. Jedes lumpige Desktop-Betriebssystem bekommt es fertig, bei fehlerhaften externen Datenträgern noch irgendwie zu starten, oder zumindest eine halbwegs aussagekräftige Fehlermeldung auszugeben. Sogar Windows kann das seit 20 Jahren.

Da das Gerät gerade mal zwei Monate alt geworden ist, kann ich nur spekulieren, dass der für geplante Obsoleszenz zuständige Entwickler bei Motorola geschlampt und sich in der Einheit vertan hat. Statt zwei Jahre bekam der SD-Slot somit halt nur zwei Monate. Handkehrum stellt Google hunderte Entwickler an, die als Einstellungsvoraussetzung über einen Doktortitel verfügen müssen, zahlt denen 200'000 Franken Einstiegsgehalt und dann sind diese Leute offenbar allesamt zu dumm zum Scheissen. Das kann doch alles nicht wahr sein! Android 2017 ist schlimmer als Windows 95! In jedem Aspekt!

Leider gibt es aber auch keine Alternative zu Android. Die ganzen Hoffnungsträger sind bereits eingestampft (Maemo, FirefoxOS, Ubuntu Phone), kommen nicht in die Puschen (Jolla), liegen im Sterben (Windows, Blackberry) oder sind proprietär (Apple, Windows, Blackberry). Bei den iPhones kommt noch dazu, dass die von vorneherein ohne SD-Kartenslot daherkommen.

So langsam muss ich mir überlegen, nicht aus einem Raspberry Pi, einem UMTS-Stick und einem Batteriepack etwas selber zusammenzufummeln. Das macht dann wenigstens, was ich will und ist einfach reparierbar (wenn auch unhandlich, unpraktisch und unsexy). Oder ich muss mit Herrenhandtasche gefüllt mit dedizierten Geräten für jeden Zweck das Haus verlassen. Zumindest fällt dann in der Regel nur ein Drittel des Geräteparks (Musikplayer, Kamera, Telefon) auf's Mal aus.