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Trekking in Lappland

^ v M ><
Wie schon fast üblich war ich auch dieses Jahr der Meinung, dass sich eine Reise von über 1000km "nur" für ein Festival (auch wenn es meiner Meinung nach das beste der Welt ist) nicht wirklich lohnen. Da musste folglich noch mehr her. Mit der Idee, in der Wildnis Schwedens wandern zu gehen, stand ich offensichtlich nicht ganz alleine da, kurzum fand sich da genügend Begleitung, um das zu realisieren. Doch 1000km sind einfach nicht genug, so dass nochmals rund 1500km dazugezählt wurden. So fuhr ich nach dem Festival erst 500km weit nach Stockholm, wo wir im Studentenwohnheim Lappis (das ich schon von 2006 kenne) ein erstes Basislager aufschlugen. Die nächsten zwei Tage machte ich noch einige notwendige Besorgungen, z.B. eine neue Trekking-Hose, auf deren Etikett steht übrigens explizit drauf, dass sie mückenstichfest sei. Interessant war die Auswahl im Laden. Es gab genau 3 Hosen in meiner Grösse (geschätzter Anzahl ausgestellte Modelle: 200 Stück). Eine war zu klein, der ganze Rest irgendwo zwischen zu gross und viel zu gross. Ob die Schweden wohl alle breite Wikingerhüften haben, um ihre breiten Wikingerschultern zu tragen? Ist mir zwar nicht so sehr aufgefallen ;-)

Danach setzten wir uns für weitere 1000km in nördlicher Richtung in den Nachtzug nach Abisko. Abisko liegt nördlich des Polarkreises irgendwo zwischen Kiruna und Narvik auf der Eisenerzlinie, unmittelbar vor der norwegischen Grenze. Das Dorf besteht aus einem Hotel für die Wanderer und einem riesigen Einkaufsladen für die norwegischen Einkaufstouristen.
Knapp aus dem Zug gestolpert begaben wir uns dann mit je 27-30kg Gepäck auf dem Rücken auf den Kungsleden, den berühmten Fernwanderweg. Unser Ziel war eigentlich der Kebnekajse, der höchste Berg in Lappland. Anschliessend sollte die Wanderung nach sieben Tagen in Nikkaluokta enden.


Die ersten zwei Tage wanderten wir gemäss aufgestelltem Plan. Wir marschierten durch Moorlandschaften, über nördliche Moosböden und durch Schneefelder. Dabei genossen wir gelegentlich ausgesprochen gesunde (und kostenlose) Kneippkuren in eiskalten nordischen Bächen.



Auch zu sehen gab es viel, Lappenhütten, Rentiere, Hasen, Vögel, herrliche Seenlandschaften und schneebedeckte Berge. In der ersten Nacht bauten wir das Zelt auf und übten uns im Feuermachen ohne zivilisatorische Hilfsmittel. Leider war die Übung etwas vergeblich, denn kaum war das Feuer an, setzte der Regen ein. Immerhin schläft es sich auf der dicken Moosschicht auf dem Boden ausgezeichnet! Bequemer geht's wirklich nur noch mit einer teuren Matratze.



Am Ende des zweiten Tages erreichten wir die Alesjaurehütte, wo wir auf einen Franzosen trafen. Dieser berichtete uns, dass er soeben vom Tjäktapass zurückgekehrt war und dieser aufgrund hüfthohen Schnees nicht passierbar sei. So beschlossen wir, anstelle via Tjäktapass zum Kebnekajse direkt nach Nikkaluokta über das Seitental Vistasvagge zu wandern und von dort gegebenenfalls zum Kebnekajse vorzustossen. Doch erst legten wir noch einen Ruhetag ein und übten uns absolut erfolglos im Angeln.


Vistasvagge ist über einen Pass zugänglich, auf welchem sich drei Seen befinden. Diese waren zum Zeitpunkt unserer Passierung noch halb zugefroren. Kaum über die Passspitze hinausgelangt, war uns dann auch schon klar, wieso Microsoft ihr Betriebssystem "Vista" nannte. Offensichtlich waren die Namensgeber ebenfalls mal in Vistasvagge. Die nächsten paar Tage durften wir sämtliche Features von Windows Vista hier in Wanderform geniessen.


Als erstes ist uns die sehr eindrückliche und ausgesprochen schöne Optik aufgefallen. Doch gleichzeitig pfiff uns auch ein eisiger Wind entgegen. Kappe, Handschuhe und Schal waren ab sofort Standardkleidung. Hoch über uns lag eine dicke Hochnebeldecke, worüber sich wohl noch eine Schicht Wolken befand. Jedenfalls war das Tal eher feucht. Der Boden war total sumpfig und Regen gab es täglich. In Kombination mit dem Wind ergab dies Wasser von unten, von oben und von allen Seiten. Glücklich, wer regenfeste Kleidung dabei hat.




Entlang des lehrbuchmässig mäandrierenden Vistas-Flusses wanderten wir bis zur Vistasjaure, der Wandererhütte im Vistastal. Dort machten wir auch bekanntschaft mit dem Hauptfeature von Vista. Tatsächlich soll es in Lappland über 500 verschiedene Arten von flatternden Blutsaugern geben. Somit existieren eigentlich genügend Bugs. Wir hatten unglaubliches Glück noch vor Midsommar dort zu sein, da waren sie zahlenmässig noch gering und auch kaum aggressiv.
Und wir haben tatsächlich noch unseren ersten Elch zu Gesicht bekommen!

Nach einem weiteren halben Tag Kampf mit dem Sumpf lernten wir dann nun endgültig, warum man sich mit Microsoft nicht anlegen sollte. Da standen wir nun in einer ziemlichen Sackgasse. Links hohe Berge, rechts ein breiter, tiefer und eiskalter Fluss. Und vor uns ein reissender Fluss im Tobel, worüber eigentlich eine Brücke führen sollte. Dass wir die Brücke nicht verfehlt hatten, zeigt das Bild: Der untere Pfeil markiert den Fluss. Der linke und der obere Pfeil weisen auf die Wegmarken. Und eingekreist sieht man eindeutig das Brückenfundament. Doch wo ist die Brücke? So chirurgisch sauber wie sie entfernt wurde, dürfte sie wohl abgebaut worden sein. Hätte sie der Fluss mitgerissen, wären die Fundamente wohl beschädigt und Trümmer überall verstreut gewesen.


Uns blieb aufgrund der Nahrungsmittelsituation leider nichts anderes übrig, als wieder nach Abisko zurückzukehren. Immerhin bekamen wir so auch wieder die Sonne zu Gesicht. Irgendwie schon merkwürdig. Wir waren im Land der Mitternachtssonne, aber während fast aller Tage lag so viel Wasserdampf über uns, dass die Position der Sonne schlicht nicht auszumachen war. So herrschte einfach 24 Stunden am Tag die gleiche Helligkeit. Die "Nacht" war lediglich durch ein Absinken der Temperatur vom "Tag" zu unterscheiden. In Abisko wurden auch die Mücken wieder etwas aggressiver, so dass wir unsere Moskitonetze doch noch ausprobieren konnten. Lustige Sache, ich hatte durch das Netz vor den Augen das Gefühl, dass der Weg links und rechts eingezäunt sei.


In Abisko stürmten wir als erstes das Restaurant und plünderten das Salatbuffet. Nach 9 Tagen Entzug schmeckt Grünzeug einfach herrlich! Dazu gab es leckeres Rentierfleisch. Wir genossen auch noch ein letztes Mal die Landschaft und betrachteten die berühmte Formation Lapporten. Ausserdem versuchten wir noch krampfhaft, die Mitternachtssonne wenigstens ein Mal zu Gesicht zu bekommen. Tatsächlich war es den ganzen Tag herrlich sonnig, doch Punkt Mitternacht musste sich unbedingt noch eine Wolke zwischen die Sonne und uns schieben. Irgendwie war ja mit sowas zu rechnen...

Nach einer Nacht im Hotel führte die Reise vorerst wieder zurück nach Stockholm. Mehr demnächst.

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